Titel
Pro Deo. Das Bistum Basel vom 4. bis ins 16. Jahrhundert


Herausgeber
Rebetez, Jean-Claude et al.
Erschienen
Delsberg 2006: Editions D+P
Anzahl Seiten
357 S.
Preis
ISBN
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Christian Lüthi, Stadt- und Universitätsbibliothek

Die Stiftung Archiv des ehemaligen Fürstbistums Basel in Pruntrut feierte 2006 ihr 20-jähriges Bestehen mit einer vierteiligen Ausstellung: «Pro Deo – Das Bistum Basel 4.–16. Jahrhundert» in Basel (Museum Kleines Klingental), Delsberg (Musée jurassien d’art et d’histoire), Pruntrut (Musée de l’Hôtel-Dieu) und Biel (Museum Neuhaus). Die vier weitgehend autonomen Ausstellungen waren ebenso unterschiedlich wie vielfältig. Parallel zur Ausstellung und mit gleicher Gestaltung erschien eine umfangreiche, illustrierte Begleitpublikation, in deutscher und in französischer Ausgabe. Das analog zu den vier Ausstellungen in vier Kapitel aufgeteilte Werk versteht sich nicht als Katalog, sondern stellt ein durchaus eigenständiges Produkt dar.

Die insgesamt 40 Beiträge sind in sich geschlossene Aufsätze höchst unterschiedlicher Natur; es empfiehlt sich, dazu die Vorbemerkung zu lesen. Die Einleitung von Jean-Claude Rebetez, Spiritus Rector des Projektes Pro Deo, steckt den Rahmen ab und vermittelt einen Überblick über Geschichte und Struktur von Fürstbistum und Diözese Basel, zwei räumlich verschiedenen Gebilden. In den vier Kapiteln wird eine ganz Palette von Einzelthemen abgehandelt; darunter auch sehr spezifische, beispielsweise auf ein einzelnes Objekt fokussierte Abschnitte.

Am einheitlichsten präsentiert sich das erste Kapitel «Im Zeichen der Kirche. Das frühe Bistum Basel. Archäologie und Geschichte» der Kantonsarchäologie Basel-Land (Jürg Tauber, Reto Marti) mit vier Aufsätzen zur Christianisierung und den frühen Klöstern: «Die Anfänge des Bistums: eine Geschichte in Fragmenten», «Kirche und Raum: Basel und die Christianisierung des Hinterlands», «Kirche und Raum: kirchliche Organisation und Landesausbau», «Kirche und Macht: Politik und Wirtschaft». Zusammen ergeben sie einen umfassenden historischen Abriss über die früh- und hochmittelalterlichen Verhältnisse im Bistum Basel anhand der archäologischen Befunde und spinnen den Faden aber auch darüber hinaus, etwa betreffend die ökonomische Bedeutung der Eisenverhüttung.

Das zweite, das Delsberger Kapitel «Die Wege zum Seelenheil – Heilige, Mönche, Reliquien und Wallfahrten» befasst sich mit verschiedenen Formen der institutionalisierten Frömmigkeit wie Klöster (Brigitte Degler-Spengler) und Klosterleben (Laurent Auberson), Heiligenkult und Wallfahrt (Jean-Claude Rebetez, Francis Rapp, Mireille Othenin-Girard), Reliquien (Pierre-Alain Mariaux) und dem Heiligenkanon des bischöflichen Wandkalenders (Jean-Claude Rebetez). Einzelnen Objekten widmen sich Eva Helfenstein (Ursicinus-Büstenreliquiar von Saint-Ursanne) und Regula Schorta (Textil- und Lederreliquien aus der Kirche Saint-Marcel in Delsberg). Laurent Auberson erläutert die Rolle der Raubtiere in der Hagiografie. Das Pruntruter Kapitel «Die Pfarrei. Aufbau, Riten, Feste und Ausschluss» beleuchtet den kirchlichen Alltag im Jura unter dem Aspekt sowohl der Geistlichkeit als auch der Gläubigen. Jean-Claude Rebetez widmet sich den Pfarreien, Patronatsherren und Priestern, der Messe und der Eucharistie, den Festen des Kirchenjahrs, den Pflichten des guten Christen, der Sakralisierung der Lebensübergänge, dem christlichen Kalender und den Aussätzigen. Auch andere Aussenseiter der Gesellschaft, die «Hexen» (Dorothee Rippmann) und die Juden (Laurent Auberson) werden in die Betrachtung einbezogen. Jean-Paul Prongué geht den Sitten und Gebräuchen des Pfarrklerus im 15. Jahrhundert nach und durchleuchtet anhand ihrer Rechnungsbücher die Fabrica ecclesiae. Aus volkskundlicher Perspektive widmet sich Yann Dahhaoui dem Phänomen des «Kinderbischofs» am Tag der Unschuldigen Kinder, und Dominik Wunderlin spürt dem spätmittelalterlichen Fasnachtstreiben nach. Aus kunsthistorischer Sicht stellt Marie-Claire Berkemeier das Altarkreuz und die grosse Turmmonstranz aus der Pfarrkirche Saint-Pierre in Pruntrut (heute im Musée de l’Hôtel-Dieu) des in Basel tätigen Goldschmiedes Jörg Schongauer vor.

Das letzte Kapitel «Ketzer unter dem Krummstab – Glaubensspaltung im Bistum Basel» – so auch der Titel der Bieler Ausstellung – befasst sich mit den politischen und konfessionellen Auseinadersetzungen. Ähnlich wie im ersten Kapitel stehen hier die grossen Zusammenhänge gegenüber Einzelfragen im Zentrum, etwa die theologiehistorischen Abrisse «Concordia discors. Die theologische Botschaft der Reformation zwischen Übereinstimmungen und Uneinigkeiten» und «Zwischen Bern, Genf und Pruntrut: die Entwicklung der reformierten Kirchen im alten Bistum Basel» von Pierre-Olivier Léchot oder die kompilatorischen Beiträge über die Entwicklung in Biel (Margrit Wick-Werder) und in den südlichen Vogteien (Damien Bregnard) oder der historiografische Abriss «Die Reform des Katholizismus in der Diözese Basel im 16. und 17. Jahrhundert» (Jean-Pierre Renard). Irena Backus spürt dem Denken des Bieler Reformators Thomas Wyttenbach nach, von dem keine theologischen Schriften überliefert sind. Und Michel Ummel befasst sich mit den Täufern in Biel und Umgebung in der Zeit um 1527/28.

Gewiss, der «rote Faden» der Publikation ist nicht ganz einfach zu erkennen – religiöse Fragen waren ja nicht die Anliegen des Fürstbistums – und auch die zeitliche Limitierung ist nicht auf Anhieb plausibel – das Fürstbistum Basel existierte schliesslich bis zur Französischen Revolution. Dennoch bildet die attraktive (allerdings auch gewichtige) Publikation eine bunte und durchaus dauerhafte Blütenlese zur Geschichte des Fürstbistums Basel – alles in allem ein erfreuliches Resultat der Zusammenarbeit der vier Partnerkantone, ihrer Museen und Fachkräfte über die Sprachgrenze hinweg.

Zitierweise:
Margrit Wick-Werder: Rezension zu: Rebetez, Jean-Claude et al. (Hrsg.): Pro Deo. Das Bistum Basel vom 4. bis ins 16. Jahrhundert, Delsberg, Editions D+P, 2006, 357 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 69, Nr. 3, Bern 2007, S. 223f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 69, Nr. 3, Bern 2007, S. 223f.

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